Der Tumulus von Wolkertshofen

Veröffentlicht am 19. Oktober 2025 um 15:54

Pressemitteilung des BAYERISCHEN LANDESAMT für Denkmalpflege (BLfD)

Monumentales Römergrab mitten in Bayern: Der Tumulus von Wolkertshofen

Im Landkreis Eichstätt wurde wohl das Fundament eines römischen Grabhügels freigelegt. Für die einstige Provinz Raetien ist das höchst ungewöhnlich.

Ein sorgfältig gemauerter Steinkreis neben einer alten Römerstraße, ein exakt angefügter quadratischer Anbau, und im Inneren: gähnende Leere. Bei Bauarbeiten nahe Wolkertshofen bei Nassenfels im oberbayerischen Landkreis Eichstätt wurde mit großer   Wahrscheinlichkeit das Fundament eines Römergrabes freigelegt.  

 

Foto: (c) Archäologiebüro Dr. Woidich GmbH

Die zwölf Meter breite, kreisrunde Steinsetzung ist ein besonders bemerkenswerter archäologischer Befund: Die Form und der sorgfältige Verbund der zugearbeiteten Steine sprechen dafür, dass essich um einen römischen Grabhügel (Tumulus) handelt, wie er in der Provinz Raetien, die große Teile des heutigen Süddeutschlands sowie Gebiete der Schweiz und Tirols umfasste, bislang nur selten  nachgewiesen wurde.

„Hier ein Grabmonument dieser Zeit und Größe zu entdecken, damit hatten wir nicht gerechnet. Der Tumulus lag direkt an einer wichtigen römischen Verkehrsachse, die Familie setzte einer oder einem Verstorbenen damit ein weithin sichtbares Zeichen. Das Grabmal war Erinnerungsort und Ausdruck gesellschaftlicher Stellung zugleich“, sagt Prof. Mathias Pfeil, Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. 

Im Nordosten von Wolkertshofen fanden im Herbst 2024 Bauarbeiten zur Errichtung eines Regenrückhaltebeckens statt. Der Ort blickt auf eine lange Besiedlungsgeschichte zurück: Aus der Umgebung sind viele Siedlungsspuren und Bestattungen aus der Jungsteinzeit, der Bronze- und Eisenzeit, der römischen Kaiserzeit und dem frühen Mittelalter bekannt. Da sich auch das Baugelände im Bereich eines Bodendenkmals befand, wurden die Arbeiten in einvernehmlicher Zusammenarbeit zwischen der Marktgemeinde, der archäologischen Fachfirma und dem BLfD archäologisch begleitet.

 

Foto: (c) Archäologiebüro Dr. Woidich GmbH

Zunächst wurden bei der Grabung vorgeschichtliche Siedlungsspuren und Keramikfragmente entdeckt. Unerwartet traten dann die Reste eines massiven Steinfundaments zutage: ein runder, sorgfältig gesetzter Kreis mit einem äußeren Durchmesser von etwa zwölf Metern. An der Südseite schließt sich ein quadratischer Anbau von zwei mal zwei Metern an, der vermutlich als Fundament für eine Stele oder Statue diente. Die hochwertige Bauweise und das Gesamtbild lassen kaum Zweifel: Der Steinkreis bildete die Ringmauer eines Tumulus aus der Römerzeit.

Foto: (c) Archäologiebüro Dr. Woidich GmbH

In der römischen Welt hatten Bestattungen in Tumuli in Mitteleuropa und Italien bereits eine lange Tradition. In den nordwestlichen Provinzen des Reiches treten sie ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. in Erscheinung. Neben neu errichteten Grabhügeln wurden auch ältere bronze- oder eisenzeitliche Anlagen für Nachbestattungen genutzt. In der Forschung wird diskutiert, ob sich darin auch ein bewusster Rückgriff auf vorrömische, insbesondere keltische Bestattungssitten erkennen lässt. Denn während die steinernen Sockelmauern eindeutig mediterranen Vorbildern folgen, stammen Grabhügel in unserer  Region vor allem aus der Bronze- und Eisenzeit.

Da sich im Inneren des Bauwerks weder Skelette noch Grabbeigaben fanden, gehen die Expertinnen und Experten davon aus, hier ein Scheingrab, ein sogenanntes Kenotaph, freigelegt zu haben: ein symbolisches Grabmal zum Gedenken an eine Person, die an anderer Stelle beigesetzt wurde. Die Lage unmittelbar an einer römischen Straße, die über Nassenfels ins Altmühltal führte, sowie die Nähe zu einer „villa rustica“, einem römischen Landgut, stützen diese Deutung. Zwar sind aus dem Raum Augsburg einige römische Grabstätten bekannt, doch Tumuli mit steinerner Ringmauer und in dieser Dimension sind in der ehemaligen Provinz Raetien äußerst selten belegt. Das Römergrab von
Wolkertshofen ist damit von besonderer Bedeutung für die weitere Forschung über das Leben der Römer in Bayern.

Soweit die Pressemitteilung des Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. 


Ergänzung durch den Verein für Heimatpflege im Schuttergäu, 2. Vorsitzende Prof. Dr. Kerstin Merkel

Anders als in Bayern gibt es an der Mosel, dem Rhein und in Belgien zahlreiche römische Grabhügel, z. T. mit gemauerten Sockeln wie in Nickenich und Ochtendung. Sie stammen aus dem Zeitraum zwischen dem späten 1. und dem 3. Jahrhundert n. Chr. Riesige Beispiele finden sich in Rom, so ist die heutige „Engelsburg“ tatsächlich der monumentale Unterbau des Grabhügels von Kaiser Hadrian.

Andernorts, besonders an der Mosel und in der Eifel, war man sich der kulturellen Bedeutung der Grabhügel bewusst und hat sie rekonstruiert. Sie sind heute Tourismus-Magnete. In Wolkertshofen wurden die bearbeiteten antiken Steine von den Archäologen sorgfältig aufgeschichtet. Der Verein für Heimatpflege im Schuttergäu bat die Marktgemeinde Nassenfels, die Steine zu bewahren und dekorativ in einer öffentlichen Grünanlage in Wolkertshofen einzubauen. Der Verein hätte eine Tafel mit einem Erläuterungstext dazu geliefert.

Leider hat sich der Markt Nassenfels dazu entschlossen, die Steine vor Ort als Unterbau in einen vorbeiführenden Weg einarbeiten zu lassen. Das schien die wirtschaftlichste Lösung und sparte die Kosten, Schotter für den Unterbau heranfahren zu lassen. Der Verein für Heimatpflege in Schuttergäu bedauert diese Entscheidung, denn das römische kulturelle Erbe von Wolkertshofen hätte sicher eine höhere Wertschätzung verdient.


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