Der "Bräu" von Nassenfels

von Michael Schweiger & Stefan Bockelmann


Die erste Brauerei

Die Geschichte vom "Bräu" lässt sich bis 1854 zurückverfolgen. Gemäß Eintrag im Trauungsbuch Nassenfels heiratete am 21. März 1854 der Bauer Carl Zinsmeister aus Mörnsheim die Bräuerstochter Maria Anna Egner aus Genderkingen. Nun wohnhaft in Nassenfels Nr. 36. Es ist anzunehmen, dass Carl Zinsmeister in dem Anwesen Nr. 35 im Jahr 1858 Gaststätten und Brauerei errichtete. Hierzu fehlen leider urkundliche Erwähnungen jedoch zeigte ein Fensterstock der Brauereigaststätte die Jahreszahl 1858 auf. 

(c) www.atlas.bayern.de -Daten: Bayerische Vermessungsverwaltung, Basiskarte: Uraufnahme (1804 -1864)

Abbildung: Auszug aus dem Trauungsbuch Nassenfels Nr.03,137, 138 von 1854


Abbildung: Die Erwerbsurkunde von 1869

Von der "Unteren Tafernwirtschaft" zur Brauerei

Die untere Tafernwirtschaft in Nassenfels (Haus No. 22) wurde betrieben von Anton Speth und dessen zweiter Ehefrau Katharina, geb. Müller vom Müllerwirt aus Wasserzell. Die Ehe blieb Kinderlos, Anton Speth verstarb.

Am 10.07.1866 heiratete Michael Schweiger aus Ernsgaden in die "Tafernwirtschaft" ein, in dem er die Witwe Katharina Späth ehelichte. Da auch die erste Ehe von Anton Speth mit Creszens Bucklacher (im Kindsbett gestorben) kinderlos geblieben ist, erbte dessen Schwester Walburga (verh. Weidenhiller) die Tafernwirtschaft. Dennoch führten Michael und Katharina die untere Tafernwirtschaft ca. 3 Jahre lang, dann mussten sie weichen.

Es wurde erzählt, dass Michael Schweiger aus Ernsgaden von seinen Eltern eine ziemliche Mitgift mitbekommen hatte. Sie hatten auch einen Bauernhof mit Gaststätte und Brauerei. 

Am 7. Dezember 1869 erwarb Michael Schweiger das gesamte Brauereianwesen No.36 samt Wohnhaus No.35 von Carl Zinsmeister. Die Erwerbsurkunde ist heute noch im Besitz der Familie Schweiger. Über die Gründe des Verkaufs kann heute nur noch spekuliert werden. 

 


Die Konzessionsurkunde

Die Familie Schweiger ist auch heute noch im Besitz der Konzessionsurkunde. Da diese zeitlich vor der Erwerbsurkunde ausgestellt wurde, kann nur vermutet werden, dass Michael Schweiger bereits die Gaststätte im Anwesen No. 36 betrieben hatte, bevor er dann die ganze Brauerei von Carl Zinsmeister erworben hatte.

Abbildung: Die Konzessionsurkunde vom 21. April 1869, mit der dem Ökonom Michael Schweiger, Nassenfels Nr. 36 die Wirtschaftsberechtigung erteilt wird. 

Übersetzung der "Concehsionsurkunde": 

Durch Beschluss vom heutigen wurde dem Ökonomen Michael Schweiger von Ernsgaden, kgl. Bezirksamt Pfaffenhofen, eine Concehsion zur Ausübung der sämtlichen im §2 der Allerhöchsten Verordnung v. 25. April 1868 " die Gast- und Schenkwirtschaften betr. aufgeführten Wirtschaftsberechtigungen auf dem Anwesen Hs Nr. 35 in Nassenfels ertheilt, worüber demselben gegenwärtige Urkunde behufs seiner Legitimation ertheilt wird. 

Eichstaett, den 21.April 1869
Koenigl. Bezirksamt


Der Sommerkeller

Zur Brauerei gehörte selbstverständlich auch ein Keller mit gleichbleibenden Temperaturen im Sommer wie im Winter. Der Sommerkeller war ein ehemaliger Steinbruch. Erzählungen nach wurde hier ein besonderer Stein für die Festungsbauten in Ingolstadt  abgebaut. Die Abbruchwand diente später als Kugelfang für den Schießstand bei den Kellerfesten. An die westliche Wand des Steinbruchs hat man die Gewölbe für den Keller angebaut und vertieft. Teilweise wurde auch das Untergeschoss in den Felsen geschlagen. 

Hier wurde in der Regel Bier und Eis eingelagert und hier war auch der der Bierfasswagen untergestellt, welcher zum Transport der Bierfässer von Brauerei zum Sommerkeller diente. 

Auf dem Keller wurde ein Betriebsgebäude gebaut, die Restfläche mit Erde abgedeckt und mit Schattenspendenden Bäumen bepflanzt.

Foto: Kellerfest im Sommerkeller

Links vom Kellereingang war in die Abbruchwand das Podium für die Musikkapelle eingegraben, was heute im Gebüsch noch zu sehen ist. Dort war auch der provisorische Aufgang vom Kellereingang hinauf zum Haus. In den Nachkriegsjahren betrieb der Heimatvertriebene Pschierer im hinteren Bereich eine Schmiede. Das Haus, welches heute auf dem Sommerkeller steht ist unter dem Namen "Haus Winkelfeld" bekannt. 

Im Sommerkeller wurden regelmäßige Kellerfeste gefeiert. Während der Erntezeit haben die Helfer gerne im Sommerkeller-Haus Pause gemacht und sich zum Ratschen getroffen. Es war im Schatten und durch die Bäume etwas kühler. Schnitter (Mäher) mit der Sense,  Garbensammlerinnen mit der Sichel und Kinder als Strickleger arbeiteten auf den umliegenden Feldern. Im Sommerkeller schenkte man das etwas dünnere Erntebier aus. Erfrischend gut gekühlt aus dem Bierkeller. Die Bauern lieferten die Brotzeit dazu. 

In den Nachkriegsjahren war der FC Nassenfels Ausrichter dieser Kellerfeste. 

Im März 1965 verkaufte die Familie Schweiger das gesamte Grundstück mit Haus und Keller an Frl. Hildegard Dennerlein

Hauptkellerraum mit Eingang und Mitte Oben Lüftungsschacht. Dort wurde nach Auflassen als Bierkeller hauptsächlich Kartoffeln gelagert Sie mussten in Handarbeit vom Wagen draußen mit Flachschubkarren und Körben hinein und wieder heraus gefahren werden. (Aufnahme 2021)

Eine Bierbank aus Zeiten der Kellerfeste

Hinterer Teil des Kellers mit Abgang zum Eiskeller (Aufnahme 2021)

Hinterer Lagerkeller für das einzulagernde Eis


Die 2. Generation 

Am 17. Mai 1894 übergeben Brauereibesitzer Michael Schweiger und seine Frau Katharina, Brauerei und Gaststätte an den Sohn Michael Schweiger (*28.12.1867), welcher Brauerei und Gaststätte mit seiner Frau Creszenzia, geborene Rehm (*09.06.1871 in Attenfeld Nr. 18) in zweiter Generation fortführt.

Der Übergabevertrag hat einen Umfang von 15 Seiten und wurde angefertigt und unterschrieben vom königlich bayerischen Notar Josef Rain aus Eichstätt. 


Einbruch im Sommerkeller

Zu einem ärgerlichen Vorfall kam es im Mai und April 1885. In den Sommerkeller des Bierbrauers und Bürgermeisters von Nassenfels, Michael Schweiger, der an der "Distriktsstraße" von Nassenfels nach Wolkertshofen lag, wurde zwei Mal eingebrochen, obwohl der Keller mit drei starken Schlössern und Riegeln gesichert war. Wie die Gendarmerie vermutete, handelte es sich um einen Bosheitsakt. Die Täter ließen neun große Fässer mit jeweils rund 25 Eimer Bier auslaufen. Der untere Keller war fast zwei "Fuß" (rund 60 Zentimeter) hoch mit Bier überschwemmt. Der Schaden wurde mit rund 3000 Mark angegeben - damals eine sehr hohe Summe.


Ende des Braubetriebs 1918

Das Nassenfelser Bier dürfte es kaum 60 Jahre gegeben haben.

Nachdem nach einer Verordnung vom 5. Januar 1917 Gastwirtschaften und Privathaushalte  alle zinnenen Bierkrüge oder zinnerne Deckelmonturen im Rahmen der "Metallspende des deutschen Volkes" zur Beschaffung wichtiger Kriegsgüter abgeben mussten, wurde 1918 der Kupferkessel beschlagnahmt. Damit war kein weiterer Braubetrieb möglich. Zu einem Neubeginn nach Ende des Ersten Weltkriegs kam es leider nicht mehr. 


Stallungen beim Bräu niedergebrannt

Nassenfels am 22.April 1930: "Großfeuer in der Gemeinde Nassenfels. Früh 7 Uhr wurde die neue Autospritze zur Hilfeleistung angerufen. Die hiesige Wehr war mit derselben dahin abgerückt. Die Motorspritze hat voll und ganz seine 4 Stunden dauernde Arbeit, zur Zufriedenheit gearbeitet“.

So heißt es im Einsatzbericht  der FFW Neuburg an der Donau

Neuburger Feuerwehr mit ihrer Motorspritze


Abriss & Neubau

Im Jahre 1967 wurde die alte Brauerei abgerissen und ein Neubau errichtet, in dem die Familie Schweiger dann 2 Jahre später vorübergehend wohnte, als dann 1969 auch die Gaststätte abgerissen und ein Neubau begonnen wurde. Im Anschluss wurde der Neubau als Stallung mit Getreideboden genutzt, bis hier später Wohnungen daraus gemacht wurden. 

Wahrend Abriss und Neubau der Gastwirtschaft, konnte der Ausschank hinten raus im Garten in einer Holzbaracke unter dem damaligen Nussbaum weiter betrieben werden. Früher war dort die Kegelbahn, heute steht dort das Gästehaus der Familie Schweiger, 


"Der Bräu feiert das 100jährige" (EK 21/22.11.1970)

"Familie Schweiger regiert seit einem Jahrhundert die Gastwirtschaft "Zum Bräu" in der Markgemeinde Nassenfels", heißt es in einem Artikel vom 21/22.11.1970. 

Chronologie

  • 1854 Hochzeit Zinsmeister, Brauerssohn u. Brauerstochter!
  • 1858 Gaststätten- u. Brauereibau von Zinsmeister?
  • 1866 Hochzeit Schweiger Tafernwirt
  • 1869 Konzessionsurkunde Schweiger u. Urkunde Eigentümerübergang „Bräu“ Zinsmeister zu Schweiger 
  • 1894 Übergabe der Brauerei und Gaststätte an den Sohn Michael Schweiger
  • 1918 Einstellung des Braubetriebes. Aufgrund einer Verordnung im Ersten Weltkrieges musste der Kupferkessel abgeliefert  werden. Zu einem Neubeginn kam es nicht mehr.  

    https://de.wikipedia.org/wiki/Metallspende_des_deutschen_Volkes)

  • 1930 Stallungen niedergebrannt
  • 1967 Abriss der Brauerei 
  • 1969 Abriss  & Neubau der Gaststätte
  • 1985 Familie Schweiger führt die Gaststätte in 5. Generation

 

 


Fotogalerie Gaststätte & Brauerei "Zum Bräu"

Die nebenstehende Aufnahme zeigt die Gaststätte. 

Ganz Links: Brauereikamin mit Wetterfahne. Die Wetterfahne ist immer noch im Besitz der Familie Schweiger. 

  • Fenster untere Reihe v. L.: Speis, Küche, Gaststube.
  • Obere Reihe v. L.: Plumpsklo, Kammer, Schlafzimmer, Saal.
  • Dachboden mit Zwischendecke, ganz oben wurde Hafer gelagert (wegen Trocknung).
  • das Dach wurde schon mit Zwicktaschen eingedeckt.

    (Anm, d. Verf.: Die Zwicktaschen sind eine Erfindung von dem Eichstätter Weittenhiller (*1786; +7.01.1862) 

  • Russischer Kamin eingebaut, Plandatum: 25. August 1907
  • Vor dem Haus auf der Nordseite war ein Kräuter- und Gemüsegärtlein.

Luftaufnahme von Nassenfels, der Pfeil zeigt das Brauereianwesen

Luftaufnahme von 1958 vom "Bräu" Brauereigaststätte mit Bierkeller, erbaut verm. 1858. Die niedrigeren Gebäude sind das Brauhaus. Der Stadel wurde ca. 1930 erbaut (Plandatum 05.Juni 1930)

Auf dem rostigen Schild steht "Gasthaus Michael Schweiger"

Teil des heute noch erhaltenen Fensterstocks mit der Jahreszahl 1858 als vermutetes Jahr für die Errichtung der Brauereigaststätte.

Beim Festzug zur 1900 Jahrfeier des Markt Nassenfels hat sich „Der Bräu“  Michael Schweiger Sen. selber als Gruppe beteiligt. Der Bierfasswagen und der Wagen für die Fässer waren von der „Brauerei Schneider“ Rohrenfels ausgeliehen.

Zwei alte Postkarten von Nassenfels. Links wohl um 1910 mit der alten Gaststätte und dem Tor zum Innenhof. Darüber der Übergang vom Haus zur Tenne, welche beim Brand am 22. April 1930 zerstört wurde. Rechts. Datum unbekannt, mit Zehentstadel und der alten Tafernwirtschaft. 


Quellen:

  • Trauungsbuch von Nassenfels, via Michael Spreng
  • Michael & Helmut Schweiger (Bilder und Erklärungen, Urkunden)
  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv

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