Nassenfels im Religionskrieg 1546 (2/24)

Veröffentlicht am 21. Februar 2024 um 17:53

Nassenfels wird 1546 Schauplatz des Religionskrieges – Berühmter Besuch und die Tücken
des Moores

von Dr. Kerstin Merkel

 

Die Jahrzehnte nach Luthers Thesenanschlag waren geprägt von kriegerischen Konflikten zwischen den Evangelischen und Katholischen, und hierbei geriet Nassenfels für wenige Tage vom 24. bis zum 28. August 1546 in den Fokus des Geschehens, an dem rund 90.000 Soldaten beteiligt waren. In dieser Zeit war Landgraf Philipp von Hessen, einer der wichtigsten Fürsten der evangelischen Seite, vor Ort in Nassenfels und residierte sehr wahrscheinlich im repräsentativsten Gebäude des Ortes, der Burg.


Was sind die Hintergründe?
Im Krieg zwischen dem katholischen Kaiser Karls V. und dem protestantischen Schmalkaldener Bunds kam es während des Donaufeldzugs im August 1546 zur Konfrontation vor der Festung Ingolstadt. Das kaiserliche Heer stand unter dem Oberbefehl Kaiser Karl und des Herzogs von Alba, das Heer der Schmalkaldener unter derjenigen des Kurfürsten Friedrich von Sachsen und des Landgrafen Philipp von Hessen. Über 41 000 Mann
zählte das kaiserliche Heer, das Schmalkaldener an die 46 000 Mann.
Beide Kriegsparteien zeigten sich in diesem Sommer chaotisch, uninformiert und ohne Strategie. Die katholische Seite fand sich wegen Sprachschwierigkeiten in Oberbayern nicht zurecht, während die protestantische in ihrem Ziel unschlüssig war.

Kurz vor Regensburg wurde den Protestanten klar, dass der Kaiser vor Ingolstadt stand und man begab sich auf einem Gewaltmarsch in diese Richtung, landete dann aber in Nassenfels, wo man sich rund
vier Tage von den Anstrengungen des schnellen Marsches erholen musste.

Landgraf Philipp schrieb am 26. August, man wolle „hier still liegen“ und abwarten. Man schätzte das Schuttermoor als sicheren Schutz vor Angriffen. Aber als man sich am 28. August zum Abmarsch nach Ingolstadt entschloss, nötigte eben dieses Moor zu einem Umweg über Neuburg, weil man den Durchmarsch durch das unbekannte Gelände mit den Truppen nicht wagen wollte. 

Man kann sich kaum vorzustellen, wie es der Bevölkerung damals ergangen sein muss. Ob das Heer mit seinen 46.000 Mann vollständig durch Nassenfels zog oder ob es „nur“ wenige tausend waren, spielt keine Rolle, denn man organisierte sich seine Versorgung durch Gewalt und Plünderung.

Nassenfels und die umliegenden Dörfer dürften Jahre unter den
Folgen dieser vier Tage gelitten haben.
Für Landgraf Philipp von Hessen sollte der Schmalkaldische Krieg letztlich verloren gehen. Er selbst musste vor dem Kaiser auf Knien kapitulieren und sich von 1547 bis 1552 in Gefangenschaft begeben.

Zweifelhafte Berühmtheit erlangte er, weil er Luther einen Dispens
abhandelte, der ihm zwei Ehefrauen gleichzeitig gestattete – quasi die Bedingung, zu dem evangelischen Glauben überzutreten. Das sollte geheim bleiben, sickerte aber natürlich durch, was den Reformator in eine höchst peinliche Situation brachte. Der Landgraf hingegen realisierte sich seinen Traum von zwei Ehefrauen, von der ersten hatte er zehn und mit der zweiten neun Kinder.

Abbildungen:
Oben: Karte über die Bewegungen von Landgraf Philipp 

 

Unten: Philipp Apian, Bayerischer Atlas, 1566

Anmerkung: Das Schmalkaldener Heer ist hier symbolisch zu einer Truppe Hellebardiere reduziert, die von Nassenfels nach Ingolstadt marschieren. 

Link zu Wikipedia


Quellen:

  • Landgraf Philipp der Großmütige 1504-1567. Hessen im Zentrum der Reform, Ausstellungskatalog Marburg 2004, Karte „Schmalkaldischer Krieg und Gefangenschaft Landgraf Philipps“