von Prof. Dr. Kerstin Merkel
mit Ergänzungen von Stefan Bockelmann
In der Südwand der Leichenhalle von Nassenfels sind zwei Grabsteine eingemauert, die ursprünglich über den längst verlorenen Gräbern der darin genannten Lehrerinnen standen. Bei der Auflösung der Gräber hat man die Platten offensichtlich als erhaltenswert erachtet, vielleicht aus Wertschätzung der Bestatteten, die als Lehrerinnen lange bei den Nassenfelsern in Erinnerung geblieben waren.

(c) Fotos: Prof. Dr. K. Merkel

Die beiden Grabsteine von Maria Anna Jakob (+ 1833) und Maria Anna Magdalena Jacob (+ 1829) sind Zeugnisse der frühen Berufstätigkeit von Frauen als Lehrerinnen. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die unterschiedliche Schreibweise des Namens Jacob bzw. Jakob.
Auf der Platte der 1829 Verstorbenen wird auch ihres Ehemannes gedacht, dem 1847 gestorbenen Johann Baptist Jakob, der 33 Jahre als Lehrer und Messner in Nassenfels tätig war. Diesen Stein hat der Sohn Ignaz Jacob setzen lassen.
Nach dem Tod von Maria Anna Magdalena im Juli 1829 heiratete Johann Jakob noch im November desselben Jahres Maria Anna Göller aus Morsbach, welches ebenfalls durch einen Matrikeleintrag unter den Trauungen am 24. November 1829 festgehalten wurde. Maria Anna Magdalena verstarb dann im Jahre 1833. Alle drei Personen sind in den Sterbematrikeln der Nassenfelser Kirchenbücher zu finden, aus denen auch die Todesursache der beiden verstorbenen Frauen hervorgeht.
Auszug aus den Matrikelbüchern der Pfarrgemeinde Nassenfels
Sterbeeintrag Maria Anna Magdalena Jakob

Maria Anna Magdalena Jakob | Schulleh- rerin und Mesnerweib | Eichstätt Nassenfels Nro. 16 | verhey- rathet (verheiratet) | Gedärm- Entzündung und Brandt rite provisa | Am 16. Juli 1829 um 9 Uhr früh | Am 18. Juli 1929 | 38 Jahre alt | Simon Nerb, Pfarrer |
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Trauungseintrag Johann Jacob mit Maria Anna Göller

Am 24ten November 1829 | Johanne Jacob | Schul- lehrer und Meßner Katholisch | Eichstätt Nassenfels Nro.16 | Georg Jakob, Halbbauer von Morsbach und Elisabetha, dessen Eheweib, geb. Wekerlin ... im Leben | Wittiber (= Wittwe) M. Anna Magdalena geb. Mödlin von Greding | geboren zu Morsbach am 14ten December 1787 | Maria Anna Göller |
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Sterbeeintrag Maria Anna Jakob

Maria Anna Jakob | Schulleh- rerein und Mesnerweib katholisch | Eichstätt Nassenfels Nro. 16 | verhey- rathet (verheiratet) | Zehrfieber und kalter Brandt | Am 20. Juli 1833 Nachts 9 1/2 Uhr | Am 22. Juli 1833 | 39 1/2 Jahre alt | Simon Nerb, Pfarrer |
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Auszüge aus den Matrikelbucheinträge der Pfarrgemeinde Nassenfels
Leben als Lehrerin
Zwar gibt es in Bayern eine entsprechende Lehrerinnen-Ausbildung für Frauen erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, doch schon lange vorher hatten Frauen die Möglichkeit, sich in diesem Beruf zu betätigen. Im Mittelalter war dies ausschließlich in Klöstern möglich, wo Mädchen bei Nonnen Unterricht erhielten. Im 17. Jahrhundert bildeten sich mehr und mehr private weltliche Schulen und Institute, wo Mädchen eine Grundausbildung erhielten. Vielen bekannt sind die auch in Eichstätt tätigen Maria-Ward-Schwestern, zudem widmeten sich die regulierten Chorfrauen des Heiligen Augustinum in Sacré-Coeur de Notre Dame (Heute Informationszentrum Naturpark Altmühltal) der Mädchen- und Frauenbildung. Es ist gut vorstellbar, dass die beiden Nassenfelser Lehrerinnen dort ihre Ausbildung erhielten. Die meisten Frauen gingen als Privatlehrerinnen in reiche Haushalte. Es gab keine anerkannten Abschlüsse, das ganze System wirkt heute sehr improvisiert. Immerhin bot es Frauen die Möglichkeit, für sich selbst zu sorgen, wenngleich sie auch immer wesentlich schlechter bezahlt wurden als ihre männlichen Kollegen.
Die beiden verheirateten Lehrerinnen in Nassenfels haben den sogenannte „Lehrerinnenzölibat“ unterlaufen. Seit 1821 war es in Bayern verpflichtend, als Lehrerin unverheiratet zu bleiben. Diese Regel wurde erst in der Weimarer Republik abgeschafft, aber noch 1953 legte man im Bundesbeamtengesetz den Lehrerinnen nahe, ledig zu bleiben. Aber es gab wohl die Möglichkeit, als Ehefrau eines Dorfschullehrers unterstützend mitzuarbeiten. Die Klassen waren sehr groß und Hilfe sicher willkommen. Nur wurden die Ehefrauen nicht bezahlt! Wie so oft haben die Männer die ehrenamtliche Arbeit der Frauen mit einem kostengünstigen „Vergelts Gott“ honoriert. So haben auch die beiden Frauen in Nassenfels dem Ehemann in der Schule und bei seiner Messner-Tätigkeit unbezahlt geholfen haben. In dem Sterbematrikel des Nassenfelser Kirchenbuchs wird die 1829 verstorbene Frau Jakob ausdrücklich als „Schullehrerin und Messnerin“ bezeichnet.
Die Platte von 1833 ist qualitativ hochwertiger. Bei der anderen Platte hat sich der Bildhauer den Platz nicht gut eingeteilt, man kann richtig sehen, wie er den Nachnamen „Jakob“ noch gerade so hingequetscht hatte.
Hier sind die Texte der beiden Platten:
Hier ruht
die wohlehr- und tugendsame Frau
Maria Anna Jakob,
geweste Schullehrerin von hier
geb. am 2ten Dezemb. 1793
gest. am 20ten Juny 1833
Ach! es schließt dieß Grab die liebe
Gattin, liebe Mutter ein
Darum ist der Blick so trübe
Hier bey diesem Leichenstein.
Doch, was hilft der Thränen Fülle
Davon wird das Herz nur schwer.
Laßt uns bethen in der Stille?
Gib´ ihr die ewige Ruhe Herr!
Laß ihr leuchten das ewige Licht
Laß sie ruhen in dem Frieden
Herr! vor deinem Angesicht!
R.I.P.
Hier ruhen
Maria Anna Magdalena Jacob
geweste Lehrerin von hier geb. zu Gre-
ding gest. dahier am 16. Juli 1829 ihres
Alters 38 Jahr
1847 am 15. Juni starb der ehrngeachte
Herr Johann Jacob
Im 33ten Jahre Lehrer und Meßner
dahier seines Alters 59 Jahre 6 Monat
Nur wir sind gewesen,
kannst du auf den Stein hier lesen
was der Tod mit uns gethan
dies auch mit dir werden kann.
Gewidmet von ihrem Dankbaren
Sohne
Ignaz Jacob
Weblinks & Quellen
für jene, die mehr über die Geschichte der Lehrerinnen wissen möchten:
- Der Weg der Frauen zur Lehrerin | BLLV: Für Lehrerinnen und Lehrer in Bayern
- 36187045_lese_1.pdf
- Poster_Geschichte_der_Lehrerbildung_final.indd
- Kirchenbuch Nassenfels als PDF
Ich danke Dr. Karl-Heinz Rieder und Josef Speth für ihre Hilfe beim Lesen der Quellen.
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